30.5.15

Regional- und Kommunalwahlen in Spanien

Italienische Version: hier
Am 24. Mai haben in Spanien sowohl Regionalwahlen in 13 "Comunidades Autónomas" ( außer: País Vasco, Galicia, Andalucía und Catalunya) als auch Kommunalwahlen in allen Städten und Gemeinden stattgefunden. In den Regionalwahlen hat sich die neue Partei Podemos (linksorientierte Partei) als dritte Kraft etabliert. Auch ist Ciudadanos (weltliche liberale Rechte) sehr stark gestiegen, trotzdem weniger als erwartet.

Diese Wahlen sind nicht nur für Spanien relevant, sondern auch für ganz Europa, sowohl wegen der Größe des Landes, als auch wegen der innovativen Elemente, die man von den Ergebnissen ableiten kann, die zeigen, dass es in Spanien gerade ein politisches Experiment läuft. Deshalb ist das Verständnis des Phänomens ein relevantes Thema überall in Europa, aber in Länder wie Italien oder Deutschland erscheint die Medien-Interpretation unbefriedigend. Im Gegensatz dazu, haben andere Länder, wie Frankreich, UK oder USA, mehr Aufmerksamkeit und journalistische Kultur gezeigt. Als bedeutungsvolle Beispiele kann man die Nachrichten über das Thema in "FAZ", "SZ", "La Stampa", "La Repubblica" mit "Le Monde", "The Guardian" oder "The New York Times" vergleichen. Wenn man die ersten liest, könnte man daraus schließen, dass Podemos allein es geschafft hat, die politische Landschaft der Kommunalwahl zu verändern. Es muss betont werden, dass bei den Kommunalwahlen Podemos als Partei nicht aufgestellt war. In einem großen Anteil der Städte und Dörfer wurden Volksbündisse gegründet, die den Zusammenfluss von verschiedenen Gruppen darstellen. Podemos ist in vielen Fällen eingeschlossen, aber mit unterschiedlicher Gewichtung, je nach Situation. Auf der nationale Ebene, gibt es eine andere Partei die auch an diesen Listen teilnimmt: EQUO. Diese Bündnisse versuchen, den Geist des 15M (die Empörten) zu verkörpern. Die Volksbewegungen, die in den letzten Jahren starken Zuwachs erhalten haben, sind, unter anderen: die Bürgerinitiative gegen Zwangsräumungen (PAH), Bürgerinitiativen für die Verteidigung des öffentlichen Gesundheits-, Schul- und Universitätssystems, Umweltschutzbewegungen, Bündnis für ein neues Energiemodell... Die Rolle der historischen Linkspartei, IU ist schwer zu verstehen. Eine Fraktion will an diesen Volksinitiativen teilnehmen und eine andere Fraktion ist dagegen.

Ada Colau, Barcelona Oberbürgermeister Kandidatin für die Liste "Barcelona en Comú".
Quelle: Barcelona en Comú.

Es geht nicht nur um eine Reaktion der Rettungspolitik wie einige deutsche Medien behaupten. Es geht nicht um ideologisch und strukturell antieuropäische Bewegungen, wie einige italienische Medien behaupten, obwohl sie bestimmte politische Maßnahmen des europäischen Establishment kritisieren. Es geht vielmehr um eine neue Art Politik zu verstehen, bei der das Niveau der Bürgerbeteiligung sehr hoch ist, bei der die Parteien, oder Bündnissen keine Finanzierung von den Banken akzeptieren, bei der eine absolute Transparenz gegeben ist. Dies hat sich hauptsächlich in den Kommunalwahlen verwirklicht, und ist besonders bedeutsam in den "zwei" Hauptstädten Spaniens: Madrid (Manuela Carmena, Mitbegründerin der Vereinigung "Jueces para la democracia" [Richter für die Demokratie]) und Barcelona (Ada Colau, Mitbegründerin der Bürgerinitiative gegen Zwangsräumungen). Aus dem Ergebnis folgt, dass beide höchstwahrscheinlich Oberbürgermeisterinnen werden.

Manuela Carmena, Madrid Oberbürgermeister Kandidatin für die Liste: "Ahora Madrid".
Quelle: Europapress.



Eine Aufzeichnung über das spanische Wahlsystem. Es ist weder ein 100% Verhältniswahlsystem noch ein Mehrheiten-Bonus System. Ohne die Details zu erklären, gilt ein System, das die Parteien mit der relativen Mehrheit und die, die auf eine Region beschränkt sind (regionale Parteien) bevorteilt, während die kleinere Parteien mit nationaler und homogener Ausbreitung im Nachteil sind.

Man muss auch darauf achten, dass es in Spanien möglich ist, dass eine Partei, die keine absolute (oder einfache) Mehrheit erreicht hat, eine Minderheitsregierung etabliert, wo sie die Zustimmung Thema für Thema suchen muss. Obwohl die PP (Volkspartei, konservative Rechte, an der Macht mit absoluter Mehrheit seit 2011) immer noch die erste Kraft ist, sind jetzt in vielen Fällen Regierungen der Volksbündnissen (in den Gemeinden) oder von Podemos (in den Länder) möglich, immer mit der Unterstützung bei der Amtseinsetzung von anderen (Mitte-) links Gruppen, insbesondere die PSOE (Spanische Sozialistische Arbeiterpartei), oder umgekehr (d.h. eine Regierung der PSOE mit der Unterstützung von anderen, aber nicht in einer echten Koalition). Sie ist, im Rahmen eines Zweiparteiensystem, die historische Alternative der Rechtspartei gewesen, hat aber ein Debakel erlitten, da sie kein erfolgreiches Krisenmanagement durchgeführt hat. Vor Kurzem, und wahrscheinlich von der neuen sozialen Situation stimuliert, hat sie einen internen Erneuerungsprozess begonnen (dessen Erfolg noch zu beurteilen ist). In manchen deutschen Medien, wird es eine PP-PSOE Koalition entweder als selbstverständlich angesehen oder als am wenigstens gewünscht (im deutschen Stil und im Hinblick auf eine Verteidigung einer "moderaten" Politik, die angebliche Extremismen marginalisiert). Diese Möglichkeit ist mindestens unwahrscheinlich.